Schummelpaket…

Reinpassen. Sich anpassen, um dazuzugehören. Um in einer breiten Masse unterzugehen und nicht aufzufliegen. Nicht erwischt zu werden. Die Furcht vor dem Moment der Enthüllung. Indem alle realisieren, dass du hier nicht hingehörst. Fehl am Platz bist. Deplatziert. Dich platziert hast, wo du eigentlich nichts verloren hast.

Es gibt Momente, in denen man sich verliert. Man verliert jegliches Selbstvertrauen. Traut sich selbst nicht mehr. Man hört auf in Geschafftes, Getanes und Wissen zu vertrauen. Man fühlt sich fehl am Platz. In Momenten der Unsicherheit schleicht sich dieses Gefühl ein. Das Gefühl eine Heuchlerin zu sein. Anderen bloß etwas vorzuspielen. Sich selbst vorzuspielen, man gehöre hier her. Man rechtfertigt seinen Platz mit Glück. Den eigenen Erfolg mit Zufall. Eigenes Können tut man ganz ab. Andere müssen sich vertan haben. Sich getäuscht haben. Weil man selbst etwas vortäuscht. Und die Anderen auf die Illusion bloß hereinfallen. Man fragt sich, wann die Täuschung bemerkt wird.

Wann entdeckt jemand, dass ich hier nicht hingehöre? Nicht dazugehöre. Alle anderen besser sind. Besser reinpassen. Stets wissen was zu tun ist. Im Wissen voraus sind. So weit, dass Aufholen unmöglich scheint. Gefühlschaos. Man steht im Stau. Während alle anderen links überholen. Und das mit links. Mit einer Einfachheit und Lockerheit, von der man selbst nur träumen kann. Ist das alles ein Traum? Man zwickt sich in den Arm.

Und realisiert, dass man sich in der Realität befindet. Es wahr ist. Man sich getäuscht hat. Und Andere nicht täuscht. Obwohl es sich wirklich wie eine Täuschung anfühlt. Als hätte man geschummelt. Sich heimlich reingeschmuggelt. Als hätte man hier nichts verloren. Dabei hat man nur sich selbst kurz verloren. Aber auch wiedergefunden. Seinen Platz gefunden. Einen verdienten, erarbeiteten Platz. Also nimmt man Platz und atmet durch. Denn man ist kein Schummelpaket.

Werbung

Du bist Gold wert…

Gold glänzt. Ist wertvoll. Sein Wert erkennbar. Zumindest wenn es funkelt. Wenn es andere erhellt. Aber es kann sein Strahlen verlieren. Durch Vernachlässigung. Nicht kümmern. Wenn es unbekümmert links liegen gelassen wird. Es verschmutzt. Zwar ist es noch wertvoll. Aber nur all jene wissen um seinen wahren Wert, welche sein Inneres bereits gesehen haben. Es kennen. Es im strahlendem Zustand erleben durften. Oder Potential in ihm gesehen und sich gekümmert haben. Und es dadurch langsam sein verlorenes Strahlen wiedergewonnen hat.

Aber wann sehe ich Gold? Wer ist Gold wert? Ist es wert? Und wer glänzt zwar wunderschön, aber entpuppt sich als Attrappe? Als unecht. Gekünstelt. Verlogen. Wird man betrogen? Bauchgefühl. Aber auch das täuscht. Einmal reicht. Man fällt drauf rein. Man fällt rein. In den übersehenen Abgrund. Jetzt ist man unten. Befindet sich in einem Tief. Das Tal der Gefühle. Und doch lernt man dazu. Nach dem Besinnen. Man kann noch gewinnen. Sich selbst wiedergewinnen. Man steigt langsam nach oben. Empor. Jeder Schritt scheint härter. Gleichzeitig wird man immer stärker. Zieht Kraft aus dem Gelernten. Aus Fehlern lernt man. Nun hat man ein Ziel vor Augen. Zielt darauf ab sich wiederzufinden. Und irgendwann ist man oben. An der Spitze. Kurz kraftlos. Langfristig bestärkt. Und man genießt den Ausblick. Wahrscheinlich mehr, als jeder auf der Bergspitze Wohnende. Denn die anderen sehen die schöne Aussicht. Du aber kennst die Anstrengung. Siehst Mühe und Schmerz, den der Aufstieg dich gekostet haben. Und, dass du es geschafft hast. Das ist kostbar. Unbezahlbar. Wertvoll. Du weißt, du bist es wert. Anderen. Aber vor allem dir selbst. Du bist Gold wert.

Wie man zur Marionette wird…

Man ist stark. Das redet man sich zumindest ein. Weil es die Situation irgendwie greifbarer macht. Als ob man sie in den Händen hält, sie beliebig steuern kann. Obwohl es vielleicht umgekehrt es. Und sie viel eher dich steuert. Deine Worte und Gefühle.

Es geht um Macht. Innerhalb einer Situation, die beidseitig beherrschbar ist. Je nachdem wer welchen Schritt wagt, kann kontrollieren. Hat Kontrolle, über den jeweils anderen. Man kann sich einreden, dass alles einfach an einem abprallt, einen nicht im Geringsten tangiert. Aber es ist doch eigentlich ganz anders. Du bist stark, weil die Situation vor dir liegt. Du betrachtest sie, das Betrachten gibt dir ein Gefühl von Kontrolle. Du kannst bestimmen von welcher Seite aus du sie betrachtest, wie nah du herangehst und schaust. Ob du überhaupt hinschaust, wann du lieber wegschaust und ignorierst. Du hast die Möglichkeit jederzeit auf Abstand zu gehen, dich umzudrehen und woanders hinzuschauen.

Wenn aber ein anderer kommt, diese vor dir liegende Situation einfach nimmt und dir vor die Füße schmeißt, dich zwangsläufig hineinzerrt, dann entgleitet dir die Kontrolle über die eben noch von dir aus der Ferne betrachtete Situation. Es ist als würde man dir den Boden unter den Füßen einfach wegreißen. Ohne Rücksicht auf Verluste. Deinen Füßen fehlt der Boden als Halt, als Anhaltspunkt und du bist der Situation schutzlos ausgeliefert.

Du weißt nicht einmal mehr wo sie ist, die Situation. Ob du dich schon in ihr befindest oder ob sie auf dich zurast. So verdattert bist du. Deine Augenlider blinzeln wie verrückt und doch nimmst du nichts wahr. Kannst oben und unten nicht mehr zuordnen, vorne und hinten. Es ist schrecklich.

Und du hasst dich dafür. Dafür, dass du weißt, dass ein anderer dir einfach so die Fäden aus der Hand reißen kann und auf einmal du, die eben noch die Situation scheinbar fest in beiden Händen hatte, selbst zur Marionette wirst. Dass ein anderer plötzlich die Kontrolle hat. Über deine Handlungen, Gefühle, über dich. Scham erfüllt dich.

Tiefschläge…

Berge und Täler – aus denen besteht das Leben nun mal. Und während man versucht von einem Berg zum nächsten zu gelangen, passiert man zwangsläufig auch das ein oder andere Tal.

Das wurde einem früher schon erzählt. Im Zusammenhang mit schlechten Ereignissen, als Aufmunterungsversuch. Es kann nur besser werden. Haben sie gesagt. Aber wer weiß das schon? Wer ist sich so sicher, dass man nicht erst einmal noch weiter, noch tiefer herabsteigt – dorthin, wo die Gefühle weichen, wo es keine Kontrolle, kein Licht der Hoffnung mehr gibt. Und wenn man da gelandet ist, dann ist es vielleicht sogar egal, ob der nächste Berg vor einem liegt. Weil man einfach keine Kraft mehr hat. Ihn zu besteigen, sich wieder aufzurappeln, überhaupt etwas zu machen. Denn das Gehirn denkt auch nicht mehr normal. Es ist wie eine schwarze Wand direkt vor den Augen, als ob man in die tiefschwarze Nacht hinausschaut – nur ist kein Mond vorhanden.

Kein Licht, was einen leitet, an das man sich klammern kann, wenn man vollkommen verloren scheint, die Richtung einfach nicht kennt, beziehungsweise einfach so lange gelaufen ist, dass man sich schlussendlich nur noch auf den kalten Boden legen möchte. Ausharrend in der Kälte, in der Ungewissheit, die geprägt ist von Trauer, Zweifeln und einer Leere.

Einem Nichts, dass sich langsam in deinem Kopf ausbreitet, deine Gedanken verblassen lässt und dich vollkommen einnimmt, dich innerlich auffrisst. Und man ist zu schwach, zu erstarrt, um etwas dagegen zu tun, um dagegen vorzugehen. Eigentlich ist es auch ganz angenehm. Schließlich hindert es dich am Denken. Es hindert die negativen Gedanken daran dich noch weiter herunter zu ziehen. Denn du liegst ja schon am Boden. Tiefer kannst du nicht sinken. Denkst du, bevor der nächste Tiefschlag kommt und dich noch ein kleines bisschen weiter hinunter drückt. Auf dein Herz, deine Lunge, sodass du nichts fühlst, am Atmen gehindert wirst.

Du schließt deine Augen, starrst gegen deine Augenlider, die die pechschwarze Nacht abbilden und schläfst ein. Und du hoffst einfach nur, dass du von vereinzelten Strahlen der Hoffnung geweckt wirst, von Sonnenstrahlen. Damit du wieder die Kraft hast aufzustehen, weiterzugehen, den Berg zu besteigen und hoffentlich auf der Spitze des nächsten Bergen ein wenig Zeit bekommst um zu verweilen, um dich zu stärken, damit du den nächsten Tiefschlag überstehst. Denn eins ist gewiss: Er kommt bestimmt.

Unerfüllte Erwartungen…

Es gibt diese Momente, Ereignisse, Menschen, von denen man einfach eine genaue Vorstellung hat. Man hat Erwartungen, hohe Erwartungen, welche oftmals weit weg von der Realität sind. Von allem Möglichen, Erreichbaren. Von überhaupt jenem, welches erreichbar ist, wäre, sein könnte. 

Meistens sind es diese Dinge, die fern in der Zukunft liegen, jene, bei welchen man genug Zeit hat sich alles auszumalen, alles im Kopf genau, bis ins kleinste Detail zu planen. Man lässt sie in vollkommener Perfektion vor dem inneren Auge ablaufen wie eine Diashow, während sich das wohlige Gefühl der Vorfreude in einem selbst ausbreitet. Doch mit dem Fortschreiten der Zeit, mit dem Näherrücken eines bereits in vollkommener Perfektion ausgemalten Ereignisses, steigt der innere Druck. Man kann sich das Ereignis als einen Luftballon vorstellen. Eine lose Hülle, die gefüllt werden muss mit Helium um zu fliegen, ganz unbeschwert, sodass sie allen Herumstehenden eine Freunde bereitet. Doch was, wenn man mit dem Volumen des Ballons nicht einverstanden ist, wenn man ihn größer haben möchte, weil er in den Erwartungen um einiges beeindruckender war. Man hört nicht auf ihn mit Helium vollzufüllen. Man macht einfach immer weiter, weil man nicht enttäuscht werden möchte, weil man sich selbst nicht enttäuschen möchte. Man will zwanghaft seinen eigenen Vorstellungen gerecht werden, unbedingt will man seine eigenen Erwartungen erfüllen. Während man sieht, wie das einströmende Helium dem Ballon langsam eine Form gibt, ihn immer größer werden lässt, ist man wie gebannt. Zu gebannt um die Heliumflasche rechtzeitig von dem Ballon zu lösen. Man hört nicht auf den Ballon immer größer werden zu lassen, weil man nicht möchte, weil man einfach nicht davon ablassen kann. Der Druck in dem Ballon steigt stetig, wird immer mehr, drängender. Und irgendwann ist er zu stark für die Hülle aus Gummi, sodass diese schließlich nachgibt und platzt. Das Helium entweicht binnen weniger Sekunden mitsamt den Träumen, Vorstellungen und Erwartungen. Übrig bleibt eine einzige Enttäuschung, eine unerfüllte Erwartung.

Um das zu verhindern, uns zu ersparen, sollten wir nicht so viel nachdenken, planen, uns Künftiges bis ins Unendliche ausmalen. Manchmal, auch wenn es schwer ist, sollten wir Sachen einfach auf uns zukommen lassen und sie locker angehen. Denn was viel befreiender ist, was um einiges glücklicher macht als das Ausmalen von Ereignissen, das unbewusste Kreieren von  Erwartungen, ist der Moment, in dem man merkt, dass alle Erwartungen übertroffen worden sind, dass die Realität schöner ist als die unzähligen Vorstellungen.

Gut gemacht…

Wir werten, urteilen, verurteilen täglich. In einem Bruchteil einer Sekunde werden solche Einschätzungen getroffen. Gedanklich. Meistens werden sie nicht laut ausgesprochen. Und das ist auch oft gut so. Aber wenn sie es dann werden, wenn sie laut mitgeteilt werden, dann ist das für denjenigen, der bewertet wird, nicht immer ein schönes Gefühl. Es kann auch ganz anders ankommen. Denn so manche Wertung hat den Anschein, als ob sie entscheidend wäre. Als ob der Wertende das Recht dazu hätte, als ob dieser genau Bescheid wüsste. Solch eine Beurteilung kann man auch anhand von eigentlich gemeinten Komplimenten feststellen. Jeder hört gerne mal ein „gut gemacht“. Hin und wieder. Aber wenn immer und immer wieder solche wertenden Beurteilungen kommen, dann fühlt man sich oft untergeortet. Als sei man auf solch einen Kommentar angewiesen. Man fühlt sich wie ein Hund, welcher ein Leckerli bekommt. Welcher durch „fein“ oder „brav“ bestätigt wird. Aber man lechzt nicht nach einer Bestätigung, braucht sie nicht. Zumindest nicht ständig. In manchen Situationen freut man sich darüber, aber im Alltag kommt sie oft ungebeten. In Situationen, in denen man nicht bewertet werden möchte. Wenn man in einer alltäglichen, normalen Situation so etwas wie „gut gemacht“ vernimmt, dann ist das lächerlich. Fühlt sich zumindest so an. Man fühlt sich unterschätzt, nicht ernst genommen. Auch Komplimente können verletzend. Allgemein sollte man aufpassen mit Wertungen, gerade wenn nicht um sie gebeten wird.

Nein, Halt, Stopp…

Stopp heißt Stopp. Im Kindergarten wurde mir das schon erfolgreich eingeprägt. Wenn jemand Stopp sagt, dann signalisiert er damit eine Grenze. Seine eigene Grenze, die nicht zu überschreiten ist. Jeder Mensch kann selbst bestimmen, wo seine persönliche Grenze liegt. Was zu viel für ihn ist. Wann er Stopp sagt. Und egal ob das für einen Außenstehenden verständlich ist, er hat zu respektieren und zu reagieren. Selbst, wenn er andere Grenzen hat. Welche, die vielleicht andere Dinge erlauben.

Nein heißt Nein.

Ich frage mich immer, warum so viele das scheinbar nicht verstehen. Nicht verstehen wollen. Es vermutlich gar nicht erst versuchen zu verstehen. Es wird provoziert, gereizt und Grenzen ausgetestet. Welche, die längt feststehen. Sie werden absichtlich überschritten, nur um die Reaktion der jeweils anderen Person zu sehen. Sich an der entsprechenden Reaktion zu ergötzen.

Halt heißt Halt.

Als Kind gehört es wahrscheinlich einfach dazu, Grenzen auszutesten. Sie zu überschreiten und auf eine Reaktion zu warten. Diese bestimmt dann letztendlich, wie beim nächsten Mal agiert wird. Ob sie erneut übertreten oder in Zukunft respektiert und einhalten wird. Deswegen ist es so wichtig, dass man selbst seine Grenzen klar definiert. Sie nach außen hin deutlich macht und sich auch nicht davor scheut, sie anderen aufzuzeigen. Auch, wenn es vielleicht unangenehm zu sein scheint. Letztendlich ist es ein Zeichen von Stärke.

Stopp heißt Stopp.

Bei Kindern ist das Überschreiten von Grenzen nicht in Ordnung, aber noch einigermaßen verständlich. Wenn Erwachsene eine Grenze übertreten, dann ist es einfach nur traurig. Traurig, respektlos und vor allem etwas, wofür man sich schämen sollte. In dem Moment, in dem man eine Grenze einer Person überschreitet, verletzt man diese. Sie wird verletzt in ihrer Ehre, in ihrem Stolz, ihrer selbst. Und man muss Grenzen nicht dreimal, zweimal aufzeigen. Ein einziges Mal genügt. Denn an einer Grenze wird sich nicht so schnell etwas ändern. Man kann sie durch überreden, drängen, nicht einfach verschieben, neu ziehen. Das ist unmöglich und daher ist es nicht notwendig mehrmals eine Grenze aufzuzeigen.

Nein heißt Nein. Halt heißt Halt. Stopp heißt Stopp.

Und wer dieses nicht versteht, akzeptiert, respektiert, ist es ganz einfach nicht wert.

Wenn ich deine Probleme hätte…

Meistens kommt er ganz unerwartet. Dieser eine Satz, der so anklagend und abwertend ist und einen selbst zurücklässt mit dem Gefühl, dass man selbst undankbar ist. Undankbar für die Probleme, mit welchen man sich herumschlägt. Probleme, die im Verhältnis zu anderen Problemen, Problemen anderer Personen, klitzeklein erscheinen. Die überhaupt gar nicht nennenswert zu sein scheinen. Denn man verhöhnt damit die richtigen, schweren Probleme, von denen man selbst ja überhaupt keine Ahnung hat.

„Wenn ich deine Probleme hätte,…“

Dieser Satz steht einfach so im Raum und man fühlt sich lächerlich. Man fragt sich, weshalb man überhaupt davon berichtet hat. Und gleichzeitig lässt der Satz die Person, von der er stammt, bemitleidenswerter aussehen. Vielleicht auch ein wenig ehrwürdiger, denn diese Person hat sich ja mit so vielen Problemen rumzuschlagen, die offenkundig viel größer und schwerer sind, als die eigenen.

„…dann wäre ich wirklich froh!“

Das eigene Problem, welches zuvor um einiges heruntergestuft worden ist, wird von der einen Sekunde auf die Andere in Luft aufgelöst. So, als wenn ein unecht war. Eben kein richtiges, hartes Problem. Welches es wert ist, dass man sich den Kopf darüber zermartert. Nein, dieses war nur ein vorgeschobenes, Möchtegernproblem, welches lediglich Mitleid hervorrufen sollte. Oder auch Akzeptanz und Anerkennung. Vor allem wohl das. Denn wenn jemand sich mit großen Problemen und Sorgen quält und diese schließlich bewältigt, dann hat er doch wohl Anerkennung verdient. Dafür, dass er seine eigenen Probleme in den Griff bekommen hat. Probleme, die es wert sind genannt zu werden.

„Wenn ich deine Probleme hätte, dann wäre ich wirklich froh!“

Ich lächle und schweige. Doch das ist nur eine Fassade. Eine aufgesetzte Maske. In mir geht es derweil anders zu. Ich habe den Mut aufgebracht und das Vertrauen in die Person meine Probleme zu teilen und dann kommt das. Dieser Satz, den ich erst einmal verarbeiten muss. Dass ich nie wieder ein Problem mit der Person teilen werde, ist klar. Dass diese Person zu bemitleiden ist, ebenfalls. Denn in einer, für mich bedeutsamen, Situation stellt sie sich in den Mittelpunkt. Sie nutzt die Gunst der Stunde um sich besser, bemitleidenswerter, anerkennenswerter darzustellen und zieht meine Probleme ins Lächerliche.

„Du hast aber Probleme!“

Oftmals fällt dieser Satz auch in Alltagssituationen. Letztens ist mir ein Nagel eingerissen und als ich das genervt kundgetan habe, wurde dieser Satz mir entgegengeknallt. Dass ein eingerissener Nagel nicht mein größtes Problem ist, ist wohl offensichtlich und doch tat man so, als wenn es das wäre und ich mich darüber freuen sollte, anstatt zu jammern.
Freuen darüber, dass mein Problem so klein isr. Aber wer sagt denn, dass ich nicht noch mehr, größere Probleme habe?

Und meiner Meinung nach darf auch mal jammern. Auch wegen kleiner Sachen, die verhältnismäßig zu anderen Problemen vielleicht winzig erscheinen. Nicht ständig, aber auch Kleinigkeiten können einen schließlich auf die Palme bringen. Dafür sollte man sich nicht schlecht fühlen müssen. Und dieser abwertende Satz macht es auch nicht besser. Denn er lässt einen zusätzlich auch noch lächerlich erscheinen. Und wer will das schon?
.

Selbstverliebt oder nur zweifelnd…

Da in der letzten Zeit mein Zimmer vollkommen neu gestrichen worden ist, habe ich alle Bilder, meinen Spiegeln und meine Uhr von der Wand abgehängt. Dass führte dazu, dass ich nicht nur gesehen habe, dass Bilder in einem Zimmer sehr viel ausmachen, sondern auch, dass ich meinen Spiegel in den letzten Tagen extrem vermisst habe. Ich war wirklich erstaunt, wie oft mein Blick zu dem Fleck Wand gewandert ist, an dem zuvor mein Spiegel gehangen hatte. Und ich habe mich gefragt, weshalb ich scheinbar allgemein so oft in den Spiegel schaue.

Im ersten Moment würde man vielleicht sagen, dass ich selbstverliebt und arrogant bin, aber genauso gut könnten es doch Zweifel sein, die mich dazu bringen mein Äußeres im Spiegel zu betrachten. Zugegebenermaßen bin ich sehr auf mein Äußeres bedacht. Ich bin keine, die praktisch denkt, dass lässt sich schon an der Länge meiner Haare feststellen. Aber das bedeutet natürlich nicht gleich, dass ich oberflächlich bin.
Ein Mensch kann nach meinem Empfinden nach noch so hässlich sein –  wenn er nett ist, dann macht seine positive Ausstrahlung  für mich sein Äußeres vollkommen wett. Denn Äußerlichkeiten sind etwas, wofür wir nichts können.

Gepflegtheit ist beispielsweise wiederum etwas, was mir persönlich an anderen Menschen wichtig ist. Denn es ist etwas, wofür jeder selbst verantwortlich ist. Vor fett triefende, ungekämmte Haare und gelbe Zähne, denen man ansieht, dass sie nie die Begegnung mit einer Zahnbürste machen, empfinde ich persönlich als unschön. Und einen solchen Eindruck empfinde ich nicht als oberflächlich. Natürlich kommt es auch immer auf den individuellen Menschen an. Denn man kennt, wenn man jemanden ansieht, noch nicht die Geschichte hinter dem Menschen, die ihn ausmacht.

Dass ich mich schminke, empfinden einige vielleicht als unnötig oder kein Muss. Und das ist es auch absolut nicht. Aber ich fühle mich so wohler und es macht mir zusätzlich Spaß. Ehrlicherweise gehe ich ungerne mit einem knallroten Pickel auf die Straße, einfach, weil oft der erste Eindruck zählt. Und der wird, auch wenn einige es nicht wahrhaben wollen, nun mal am Äußeren festgemacht. Mir persönlich ist es also wichtig gut auszusehen. Daher achte ich auf meine Klamotten, meine Frisur und mein Makeup.

Aber macht mich das gleich selbstverliebt? Ich würde das definitiv verneinen. Denn oftmals fällt mein Blick nicht in den Spiegel, damit ich sehe wie „super-wunder-toll“ ich aussehe. Nein, in den meisten Fällen überprüfe ich nur mein Äußeres. Ob irgendwo ein neuer Pickel ist, eine Strähne auf meinem Kopf macht was sie will und wirr absteht und ob mein Outfit verrutscht ist, ohne dass ich es bemerkt habe.

Es ist nicht so, dass ich innerlich eine Checkliste habe, aber unterbewusst checke ich den Gesamteindruck einmal kurz ab. Man muss ja auch bedenken, dass so ein Blick in den Spiegel nicht mehr als ein paar Millisekunden in Anspruch nimmt. Ich bleibe dafür jetzt nicht extra stehen. Außer natürlich, wenn ich etwas, für mich Störendes, gefunden habe. Denn dann versuche ich es auszubessern. Wenn ich nichts Irritierendes feststellen kann, dann fühle ich mich bestätigt und erleichtert und gehe ein wenig selbstbewusster und sicherer weiter.

Denn ja, ich gebe es zu, mein Äußeres ist für mich wichtig. Aber das Äußere schließt für mich genauso auch die Haltung einer Person ein und ganz wichtig: Den Gesichtsausdruck. Wenn mir jemand auf der Straße scheinbar gut gelaunt mit einem Lächeln entgegenkommt, fällt der mir viel positiver auf, als jemand, dessen Mundwinkel scheinbar versuchen den Boden zu berühren. Aber selbst das ist natürlich bei Weitem nicht alles und längst nicht so wichtig, wie der Charakter und das Herz. Denn ohne die kann man äußerlich noch so schön wirken – insgesamt bleibt man in den Augen Anderer auf lange Zeit hässlich.

Lass es darauf ankommen…

Wenn du einmal auf eine heiße Herdplatte gefasst hast, dann wirst du es sicherlich nicht noch ein zweites Mal tun. Denn du kennst den Schmerz, der dich erwartet. Wenn ein anderer hingegen, dir sagt, dass die Herdplatte heiß ist, so dass du dich verbrennen wirst und du selbst aber noch keine Erfahrungen gemacht hast, gibt es zwei Alternativen: Entweder du vertraust der Person oder lässt es darauf ankommen und überzeugst dich selbst davon. Sicherlich hängt ein Großteil deiner Entscheidung davon ab, ob du der anderen Person generell traust und was für Argumente diese hat. Als Kind haben wir oftmals Warnungen nicht ernstgenommen. Wenn Mama sagte, dass man nicht auf den Knopf drücken soll, dann hat man es nach einiger Zeit gemacht. Aus reiner Neugierde. Man wollte wissen, was dann passieren würde, man hat es darauf ankommen lassen. Wenn unsere Kindheit allerdings bereits hinter uns liegt, dann ist diese Tollkühnheit in den meisten Fällen abgeschwächt, fast schon verschwunden. Wenn jemand uns warnt, dann nehmen wir diese Warnung meistens ernst, gerade wenn sie von einer Person kommt, der wir trauen. Der wir vertrauen. Einerseits ist das gut, denn wir umgehen so gefährliche Situationen. Aber auf der anderen Seite lassen wir uns auch beeinflussen. In unserer Meinung. In vielen kleinen Situationen. Wenn ich mit meiner Schwester zusammen esse und sie nach dem ersten Happen das Gesicht verzieht, dann schmeckt mir das Essen garantiert schlechter, als wenn ich neutral etwas probiert hätte. Denn dann habe ich bereits die Meinung meiner Schwester im Unterbewusstsein. Und halte sie, aufgrund meines Vertrauens in ihren Geschmack, für richtig. Für so richtig, dass ich denke die Gleiche haben zu müssen. Und das beeinflusst mich in meinem Geschmack. In meiner Meinung. Aber manchmal muss man sich einfach frei machen. Frei von anderen Meinungen, frei von anderen Urteilen. Man muss neutral an eine Sache herangehen und selbst ein Urteil fällen, welches lediglich auf der eigenen Erfahrung basiert.